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"Andreas Jaeggis Stadtansichten und Figuren beschwoeren eine Schattenwelt herauf"

Gewisse Kuenstler entwickeln Techniken, um Atmosphaeren wiederzugeben, die eine sofort erkennbare stilistische Unterschrift darstellen. Andreas Jaeggi gehoert zu diesen Kuenstlern. Der durch seine rege Ausstellungstaetigkeit bekannt gewordene Schweizer Kuenstler aus Basel ist auch Opernsaenger. Vor kurzem waren im Chelsea Standort der Galerie Agora seine Strassenszenen zu sehen – viele dieser Stadtansichten beinhalten New York. Die Bewohner dieser Stadt konnten bekannte Orte wiedererkennen, obgleich diese Schauplaetze duch die sehr persoenliche Sichtweise des Malers verwandelt worden sind.

In den beiden gezeigten Serien ("New York Zippers", gemalt in Oel auf Leinwandfahnen, mit seitlich angbrachten Reissverschluessen und Oesen zum Aufhaengen, ebenso wie die Aktbilder, die er mit einer Verbeugung vor Picassos "Blauer Periode" zuordnet) verwendet Jaeggi eine Palette von tiefen, gesaettigten Farbtoenen, mit denen er seine Kompositionen erfuellt und durchdringt und dadurch eine dunkel beschwoerende Atmosphaere hervorbringt. Ein Gemaelde dieser ersten Serie: "New York Zippers: Thomas' Tempel (Aegypten im Metropolitan Museum)" stellt die Museumsgalerie dar, wo die antiken Graeber gezeigt werden. Das Bild weckt im Betrachter das irreale Gefuehl von Zeitlosigkeit, das man an diesem Ort empfindet.

Dies ist ein besonders kraftvolles Gemaelde, denn einerseits wird durch die Verwendung dieses Innenraums die genau definierte Empfindung eines bestimmten Ortes beschrieben, andererseits funktioniert dieses Bild auch als verblueffende geometrische Abstraktion. Jaeggis Verwendung von duesteren Braun- und Blautoenen erhoeht die Bildstimmung und zur gleichen Zeit die strenge formale Schoenheit.

Ein anderes Bild dieser Serie faengt die Brooklyn Bruecke in schattenhaften Blaumonochromien ein, die gelegentlich durch lebhafte weisse Pinselstriche aufgelockert werden. Es wird die Stimmung eines Regensturms heraufbeschworen. Bruecke, Hafen und die an der Wasserfront zusammengekauerten Gebaeude sind von schattenhafter, beinahe geisterhafter Qualitaet, die der Komposition eine ungewoehnlich poetische Kraft verleihen.

Sogar die Hochhaeuser und Reklameschilder von Times Square werden von Jaeggis subtiler Farbtonmagie verwandelt, wie in einem weiteren Gemaelde zu sehen ist. Waehrend die meisten Kuenstler sich von den schreienden Neonfarben dieses beruehmten Strassenzugs [Broadway] verfuehren lassen, entscheidet sich Jaeggi fuer einen stark lyrischen Charakter. Er stellt den Times Square zu einem ruhigeren Zeitpunkt vor, vielleicht wie er im ersten Morgenlicht nach einer langen durchfeierten Nacht gesehen werden kann, wenn die Zeichen und Symbole fuer kurze Zeit abgedunkelt sind und ein in-sich-gekehrtes Schweigen einsetzt, bevor das "Das Herzstueck" der Stadt wieder zu seinem ueblichen Auf und Ab und Hin und Her zurueckkehrt.

Noch eine andere Arbeit dieser Serie, die "Schatzinsel Manhattan", ist eine Ansicht der Insel aus der Vogelperspektive, vorwiegend in ruhigen Brauntoenen gehalten, die sie mit der Aura irgendeiner uralten Landkarte umgeben. Dies ist eine von Jaeggis abstraktesten Kompositionen, trotzdem bleibt sie auf ihre ganz eigene Art und Weise dank der duesteren verbrannten Farbtonalitaeten und der elegant umrissenen Formen wie alle anderen Stadtansichten bis ins kleinste Detail evokativ.

Die Figuren in Jaeggis Serie der "Blauen Periode" sind heraufbeschwoerend in einer anderen Weise. Jedes Gemaelde stellt einen Einzelakt dar, hauptsaechlich in blauen Schattierungen gehalten mit gelegentlichen rotbraunen Akzenten, einem anderen besonderen Farbton, der vom Kuenstler bevorzugt wird. Weisse Glanzlichter und – weniger haeufig – Flecken von Gruen geben diesen wunderbar ausgefuehrten Figuren ihre greifbar koerperliche Gegenwart, wie man ihr im Halblicht eines abgedunkelten Schlafzimmers begegnen mag. 

von Maurice Taplinger fuer Gallery&Studio Kunstzeitschrift
 

Ausstellung: "raeumliche Transzendenz"
Galerie Agora SoHo / Chelsea, New York