mein Standort
... das Objekt / Subjekt.

... ueber mein Verhaeltnis zu Objekten / Subjekten (Modellen), meine Annaeherung an spezifische Objekte / Subjekte (Modelle) und meine Vorstellungen, ein bestimmtes reales Objekt / Subjekt (Modell) in eine kuenstlerische Form umzusetzen.

 

Wodurch wird fuer mich irgendein gegebenes Objekt aussergewoehnlich und dadurch fuer eine kuenstlerische Darstellung notwendig? Welche Voraussetzungen muss ein Objekt erfuellen, dass es aus dem Chaos der mich umgebenden Bilderflut hervortritt und derartige Wichtigkeit erlangt, dass dessen Uebersetzung in eine kuenstlerische Form fuer mich zwingend wird? Welche Kriterien diktieren meine Wahl?

Das Schaffen von Ordnung in mir selbst, regelmaessig wiederkehrende Sammlung auf mein innerstes Eigenleben, selbstanalytische Beobachtungen und das moeglichst vollkommene Abstreifen jeglicher Nervositaet erlauben mir, nach aussen hin geoeffnet zu bleiben. Das Erkennen und Anerkennen meiner ureigensten Wuensche, Verlangen, Aengste, Traeume, Erinnerungen, Ambitionen, Faehigkeiten, Unmoeglichkeiten ... retten mich vor einem Ertrinken in der Ueberfuelle visueller Information und optischer Reize.

Konzentration und Selbstdisziplin fuehren mich zwangslaeufig zu einem rigorosen und praezisen Aussuchen der Motive. Marktorientierte Einschraenkungen koennen bei der Motivwahl keine Rolle spielen; ich suche im Gegenteil, den mir zur Verfuegung stehenden inneren Reichtum voll auszuschoepfen.

Grundsaetzlich treffe ich aus der Fuelle an Bildmaterial eine Auswahl, die darin wurzelt, dass ich nur Objekte fuer mein Werk aussuche, die tief meiner Eindruckswelt verwurzelt sind. Diese Objekte erhalten in ihrer bildlichen Umsetzung durch das Herausholen des Eindrucks, dem Ueberlappen der Idee, die ich mir vom Objekt mache, und dem Objekt selbst, und dem Wiedergeben durch meine Optik eine vielschichtige Bedeutung.

Die fuer eine Darstellung ausgewaehlten Objekte stehen jedoch nicht unbedingt in direktem, gradlinigem Verhaeltnis zu vergangenen Handlungen, Erinnerungen, Glueckserlebnissen ... daher ist die zeitintensivste, wie gefuehlsmaessig schwierigste Phase im Arbeitsprozess das Herausfinden und Aussuchen des jeweils richtigen Objekts.

Die Idee des unreproduzierbaren Originals (in der Kunst) als Spiegel der absoluten Einmaligkeit des reflektierten Motivs ist fuer mich von essentieller Wichtigkeit. Ich bin nicht gegen die Idee des Multiplen in der Kunst, bloss interessiert es mich wenig.
Die Suggestivkraft des Motivs allein, sei dies nun ein dargestellter Gegenstand (Objekt) irgendeiner Groesse, ein Modell (Subjekt) oder eine Kombination mehrerer Elemente (auch eine bis zur Unkenntlichkeit und ins Koerperlose abstrahierte Vorlage), bildet einen wichtigen Baustein in jeder bildlichen Darstellung.
Rene Magrittes gedanklich richtige und wichtige Aussage und Erkenntnis "Ceci n'est pas une pipe" hat fuer mich allgegenwaertige Bedeutung.
Das Gewoehnliche, die Trivialwelt des Konsums, das Banale des Alltags wird durch die Auswahl des Kuenstlers ins Aussergewoehnliche angehoben. Es findet eine Formung statt; dem ausgesuchten Motiv (dabei ist es zweitrangig, ob es sich hierbei um ein dreidimensionales Objekt oder Subjekt (Modell) handelt, eine Idee, Erinnerung oder Vision) wird eine neue Gestalt gegeben. Dieser Vorgang findet zwangslaeufig statt, selbst bei Kuenstlern wie Marcel Duchamp, wenn er reale Objekte unveraendert als Skulpturen aufgestellt hat: die Kunst des Weg- und Auslassens (z. B. auch eines Arbeitsvorgangs).
In diesem Zusammenhang sind Andy Warhols Verpackungsskulpturen besonders interessant: diese sehen zwar genau wie originale Produktverpackungen aus, sind jedoch nachgestaltete, im Siebdruckverfahren hergestellte Pappkartonfaltobjekte.

An der visuellen (und akustischen) Bombardierung der Produktewerbung kommt heute niemand vorbei. Man kann vorgeben, sie zu ignorieren, sie geht dadurch aber nicht weg.

Durch die Medien wie Presse, TV und Film sind uns Menschen permanent gegenwaertig, denen wir nie tatsaechlich nie begegnet sind.
Gesichter wie ikonenhafte Landschaften.
Gesichtszuege, die sich durch die fotografische Aufloesung zu Zeichen verselbstaendigt und dabei hieroglyphenartige Bedeutung erlangt haben.
Abbilder, die fest in das Bildvokabular unserer Zivilisation gehoeren.
Diese gefilterten Menschen bevoelkern unser Leben wie alte Bekannte und besitzen die Wichtigkeit von Heiligenbildchen.
Bilder von Situationen. Wir koennen uns ebenfalls dem ununterbrochenen Schwall von Bildern nicht entziehen, der uns mit Themen konfrontiert, die sich flaechendeckend mit wichtigem, ebenso wie mit bedeutungslosestem Weltgeschehen befassen (das eklatanteste Beispiel hierfuer ist gewiss CNN).

Im zweidimensionalen Bereich hat Yves Klein um 1957 die formal extremste Loesung mit seinen wunderbar unreproduzierbaren blauen Monochromien gefunden (unreproduzierbar wegen der der Menge an Farbpigmenten, die kein Drucker ausspucken kann), die konsequente Endentwicklung von Kasimir Malewitschs "Weissem Quadrat auf weissem Grund" (1918) und Piet Mondrians Baumabstraktionen, die ihn zu seinen richtungsweisenden Waagrechten, Senkrechten, Farbquadraten und -rechtecken gefuehrt haben.
Der erste andere echte Ungegenstaendliche ist zweifelsohne Vassilij Kandinsky gewesen.

Die Frage nach der Modernitaet, dem Modernen, dem Zeitgemaessen, Zeitgenoessischen stellt sich heute wieder neu (Vergleich von Piet Mondians Bild von 1922 und der L'Oreal Haarspraydosengestaltung). Es ist ebenso scharf wie wertfrei zu beobachten, welche eigenstaendige Bedeutung die Medien Fotografie, Film / TV / Video und der optische Teil der Computertechnik in der visuellen Kunst wirklich einnehmen und inwieweit eine gegenseitige Beziehung / Befruchtung stattfinden kann.

Die globale Vermarktung innert Rekordfrist von Kuenstlern wie Keith Haring gibt sehr zu denken: merkwuerdig erscheint mir vor allem die Wichtigkeit, die der Wiedererkennbarkeit des Stils beigemessen wird (die Beschraenktheit des persoenlichen Ausdrucks wird als eine Hauptqualitaet gewertet), wobei das Gesamtwerk von Keith Haring, wie bei jedem grossen Kuenstler, selbstredend thematisch wie stilistisch von grosser Bandbreite ist. Besonders widerlich ist die Gewissheit, dass sein Tod an der damals "zeitgenoessischen" Krankheit AIDS seinen Marktwert noch rapide gesteigert hat ... und noch widerlicher ist, dass AIDS schon keine "Modekrankheit" mehr ist ... Ich bin absolut gegen die Idee des "leidenden Kuenstlers a tout prix". Vincent van Gogh ist kein guter Maler gewesen, weil er sich das Ohr abgehauen hat (was uebrigens auch nicht stimmt, denn mit abgehackter Ohrmuschel waere er verblutet) sondern weil er gute Bilder gemalt hat. Das Konzept des leidenden Kuenstlers scheint mir ebenso verlockend wie anmassend. Zudem ist der Weg, der den Kuenstler zu seinem Resultat fuehrt, sein Eigener, Privater, Geheimer, und ich denke nicht, dass es moeglich ist, diesen Weg nachtraeglich und von aussen rekonstruieren zu koennen. Kunstgeschichte bewegt sich da mit schoener Regelmaessigkeit diesseits der BoulevardpresseGrenze.
Hier sei ein wunderbares Picasso-Zitat angebracht:
"Alle Dokumente aus allen Zeiten sind falsch! Alle geben sie das Leben 'mit den Augen des Kuenstlers' wieder. Alle Vorstellungen, die wir von der Natur besitzen, verdanken wir Malern. Wir sehen sie durch ihre Augen. Schon das alleine muesste uns misstrauisch machen ... Sie sprechen von 'objektiver Wirklichkeit'. Was ist denn das, 'objektive Wirklichkeit'? ... Gerade heute morgen ist mir beim Rasieren folgender Satz eingefallen: die 'objektive Wirklichkeit' sollte man wie ein Bettlaken sorgfaeltig zusammenfalten und in einen Wandschrank einschliessen, ein fuer allemal ..."

Es stellt sich wieder und wieder die Frage, welche Art von Zusammenhaengen die Kunstgeschichte aufdecken soll, und wo genau der Unterschied zwischen einem sinnvoll aufgliedernden Katalogisieren und einem marktfoerdernden nicht-mehr-in-Frage-stellenden Schubladisieren liegt.
Genuegt es, wenn man Produkten aehnlicher Machart einen Namen gibt (auch wenn diese eine ganze Bewegung von mehreren Herstellern umfasst und die einzelnen Werke einen hohen Handelswert besitzen), damit diese Werke eine Kunstgattung darstellen? Eines der peinlichsten Kapitel ist wohl "Naive Kunst" gewesen ...
Leider haben heute lokale und stilistische Gruppierungen, die aus Begegnungen resultieren und in Zusammenarbeit muenden, kaum noch Bedeutung.

Ich stehe einer moeglichst unprofessionellen und moeglichst unverstaendlichen Kunst diametral gegenueber.

Stilistisch bin ich selber in der europaeischen Malerei verankert, wobei mir das Einfliessen drucktechnisch orientierter Stilelemente (Siebdruckflaechen, Rasterungen, Farbseparierungen in Druckgrundfarben ...) ebenso wichtig ist, wie das Verwenden von Ausdrucksmoeglichkeiten, die wir vom grafischen Gewerbe, vom Industriedesign und von der Filterung durch das fotografische Auge her kennen.

Ich versuche, das Eigenleben jedes Werks waehrend seiner Entstehungsphase groesstmoeglichst zu respektieren.

Das fuer eine Darstellung ausgewaehlte Objekt soll durch meine subjektive Umsetzung eine neue, eigenstaendige und persoenlich gefaerbte Bedeutung erhalten.

Die wiedergegebenen Objekte sind Zeichen, Zeichen fuer eine Zeit, fuer unsere Zeit, ein Umfeld, Beziehungen, Taetigkeiten, Hoffnungen ...

 

Wie der Essenz eines Objekts naeherkommen?
Wie die Verhaeltnisse der Objekte zueinander erfassen?
Wie die Wahrnehmung des Objekts durch mich (das 'Subjekt', den Kuenstler, den Bewusstseinstraeger) dokumentieren?
Wie die wechselseitige Beziehung zwischen Subjekt (dem Kuenstler) und Objekt aufzeigen?
Wie die Spannungsfelder zwischen einzelnen Objekten, zwischen Objekten und Subjekten und zwischen Subjekten untereinander (zwischen Kuenstler und Modell, ebenso wie zwischen verschiedenen Modellen) in eine Darstellung umsetzen?
Wie der Essenz eines Subjekts (Modell) naeherkommen?

 

Am Anfang meines Erwachsenenseins ruettelte mich eine Begegnung wach:
Das Lesen in seiner Gesamtheit von Marcel Prousts Werk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" hat mir damals Fenster geoeffnet, durch die ich seitdem mit geschaerftem Weit- und Nahblick habe schauen koennen. Fuer mich nachvollziehbare Ablaeufe in der menschlichen Gesellschaft und mir bislang verborgene Aussichten auf einen moeglichen Sinn des Lebens sind mir gezeigt worden. Lebenserwartungen, Oeffnungen und Hoffnungen wurden mir zurueckgegeben, die ich am Ende meiner Jugend verloren hatte und die mir religioese Werke und Ueberzeugungen nicht mehr haben schenken koennen.

Das Schlimmste fuer mich ist das Fehlen von Hoffnung.
Auch wenn ich jedes Andersdenken respektiere, ist fuer mich das Zweitschlimmste jegliche Form von religioesem Fanatismus.

 

Das Perpetuum mobile et stabile der Urelemente gliedert sich in Einzelteile auf, die in vorbestimmten Dimensionen und in einem genau definierten Spannungsverhaeltnis zueinander stehen und sich untrennbar zur Wirklichkeit vereinen.
Die Wirklichkeit gliedert sich in Verbindungen auf.
Diese Verbindungen nenne ich 'Objekte' und, im Falle der Verbindung zum Menschen, 'Subjekte'.
Das Verhaeltnis der Grundelemente bestimmt das Wesen des Objekts / Subjekts.
Die Objekte und Subjekte stehen in unbedingter Abhaengigkeit zueinander.
Das Subjekt ist die einmalige Verbindung zum Bewusstseinstraeger (Kuenstler / Modell / Betrachter).

Sinn des Daseins ist das Glueck.
Pflicht des Daseins (fuer den Kuenstler) ist die Schaffung des Werks.
Arbeit ist Erlebnis der Essenz des Gluecks.

 

Vier Faehigkeiten des Subjekts (Kuenstler) ermoeglichen die Schaffung des Werks:
durch das Empfindungsvermoegen werden Grundeindruecke aufgenommen, das Gleiche gilt fuer Sekundaereindruecke;
durch das Erinnerungsvermoegen werden diese Grundeindruecke, ebenso wie die Sekundaereindruecke, festgehalten;
das Ergaenzungsvermoegen (Interpolation) erlaubt dem Kuenstler, ein gegenwaertiges Objekt / Subjekt (Modell) auf seinen Idealzustand zu erweitern;
das Vorstellungsvermoegen erlaubt dem Kuenstler, ein abwesendes Objekt / Subjekt (Modell) auf seinen Idealzustand zu erweitern.

 

Das Dasein unterteilt sich in Abschnitte.

In der Kindheit sammelt das Subjekt (jeder Mensch) Grundeindruecke.

Die Jugend beginnt mit dem Bewusstwerden des eigenen Seins (dem Dasein des Subjekts).
Das Wissen um die eigene Existenz filtert weiteres Speichern von Grundeindruecken.
Grundloser, unberechenbarer und unberechnender Enthusiasmus gehoert zu den anziehendsten Eigenschaften, die sich waehrend dieses Lebensabschnitts manifestieren.

Die Reife beginnt mit der Erkenntnis des Wesens des Subjekts.
Das Wissen um die eigene Essenz verhindert weiteres Aufnehmen von Grundeindruecken.
Aufbauende Eindruecke (Sekundaereindruecke) ermoeglichen Erlebnisse.
Ein Erlebnis ist die Ueberschneidung eines vergangenen und eines gegenwaertigen Eindrucks in vollkommener Gleichheit.
Aus dem Vergleich zweier Zustaende eines Objekts / Subjekts (Modells) folgen Bewusstsein und Erkenntnis.
Bewusstsein ist das Wahrnehmen des Daseins (Existenz) eines Objekts (der Aussenwelt).
Erkenntnis ist das Wahrnehmen des Wesens (Essenz) eines Objekts.
Glueck ist das Erfassen der Vereinigung von Bewusstsein und Erkenntnis.

Das Alter (des Kuenstlers) beginnt mit der Schaffung des Werks.

 

Der Wille ist die Kraft, einen Eindruck aus dem Subjekt (aus sich selbst) zu fassen.

Der Schoepfungsakt bedeutet die Wiedergabe, beziehungsweise die Darstellung von Eindruecken.
Dies geschieht durch Herausholen und Uebersetzen von Grundeindruecken, sowie durch das Vergleichen dieser mit aufbauenden (Sekundaer-) Eindruecken.

Subjektiver Instinkt waehlt die Eindruecke nach Wichtigkeit aus; Talent und Erfahrung pruefen sie bei der Wiedergabe.
Die Guete des Werks gruendet auf der Ehrlichkeit der Uebersetzung.

Die Darstellung wurzelt im Glueck, das heisst in Bewusstsein und Erkenntnis.
Das Werk ist die Ueberschneidung in vollkommener Gleichheit des Bilds des Objekts / Subjekts (Modells) mit dem Objekt / Subjekt (Modell) selbst und dem Eindruck, der das Objekt / Subjekt (Modell) im Subjekt (Kuenstler) hinterlassen hat. Dies kann nur durch ein absolutes Einfuegen des Subjekts (Kuenstlers) in das Objekt / Subjekt (Modell) und dessen Gesetzmaessigkeiten erreicht werden.

Das Kunstwerk ist ein Modell der Wirklichkeit in Gestalt einer Uebersetzung eines Subjekts (Kuenstlers).
Das Werk ist das Mittel.
Es stuetzt das Begreifen des Sinns im Subjekt (Betrachter), dem Empfaenger.
Sinn des Daseins ist das Glueck.

Wenn nicht der Kuenstler vom Recht gebrauch macht, in seiner Meinung & Arbeit vollkommen frei zu sein, wer dann? Freiheit ist, selber unabhaengig zu denken und eine eigene Meinung zu haben. Toleranz ist das Respektieren einer anderen Meinung.

Meine visuelle Arbeit im kuenstlerischen Bereich entsteht einerseits aus einem Verarbeiten meiner Eindruecke, Erlebnisse & Erfahrungen (auch im Sinne von Marcel Proust's Erklaerung des menschlichen Gluecks durch die Ueberschneidung eines vergangenen Eindrucks mit einem Jetzigen) und andererseits aus einer umgesetzten Wiedergabe meiner Umgebung.

Natuerlich stellt sich sofort die Frage, ob diese visuellen Umsetzungen meines eigenen Ich und diese persoenlichen Spiegelungen meines Umfelds in einem groesseren Zusammenhang von irgendeiner Wichtigkeit sind. Ich weiss es nicht. Ich kann es nicht beurteilen, da ich keine Distanz zu meinem eigenen Ich haben kann. Es beschaeftigt mich kaum.

Ich bin kein Kunstarchitekt, der eine Idee hat und dann deren Ausfuehrung an andere abgibt. Die Idee des von Kuenstlerhand selbst geschaffenen Originals ist mir wichtig.

Besonders zeitgenoessisch
oder "modern" zu sein interessiert mich nicht, denn ich bin dies als Kind meiner Zeit zwangslaeufig, ich kann mich dem Zeitgeist nicht entziehen. Als Beispiel: eine Historienfilm aus den 50er Jahren sagt mehr aus ueber die 50er Jahre als ueber die Franzoesische Revolution.

Die Idee des "leidenden Kuenstlers" ist mir aeusserst zuwider: Van Gogh war ein guter Maler, weil er gut gemalt hat und nicht, weil er sich ins Ohrlaeppchen gepiekst hat.

Wenn etwas Visuelles einer verbalen Erklaerung bedarf, ist das Ziel schon verfehlt. Wie beim Rotlicht einer Verkehrsampel: wenn man das "Zeichen" nicht versteht, ist man tot.

Gerade weil ich
neben meiner kuenstlerischen Arbeit als professioneller Opernsaenger seit so vielen Jahren in der kreuzweise uebergreifendsten Kunstgattung taetig bin, sind mir Mischformen schnell suspekt: zu oft wird versucht, das NichtBeherrschen einer Disziplin durch das MultiMediale zu vertuschen.

Sozialkritik, Anstoessigkeit und Brandneuheit an sich machen eine visuelle Aussage noch nicht zu Kunst. Im Rueckblick ueber die Jahrtausende von Kunstschaffen steht die formale Qualitaet ganz oben auf der Liste.

Hier angefuegt eine Liste von ein paar konkreten Elementen/Tendenzen/Kategorien, denen ich in meiner kuenstlerischen Arbeit aus dem Weg zu gehen versuche, beziehungsweise die ich in der Anwendung auf ein Minimum zu beschraenken versuche. Die Reizwoerter sind: "dekorativ", "Karikatur", "modisch", "pseudo-naiv" & "kindisch/kindlich", (mit erhobenem Zeigefinger) "belehrend", "illustrativ" (von Kinderbuch bis Comic Strip), "huebsch", "Design", ein "Gag", "kunsthandwerklich", "psychotherapeutische Selbstverwirklichung" und "moeglichst unzugaenglich & unverstaendlich".

Was mich nicht interessiert ist, verkaufs- & marktorientiert zu produzieren. Museumsgeil bin ich auch nicht. Eine moeglichst wiedererkennbare Handschrift als Markenzeichen langweilen mich hoechstens und druecken fuer mich eine extrem abgeflachte Persoenlichkeitsstruktur aus. Das gleiche Kunstwerk zu repetieren mag ich nicht. Es ist wie mit dem Essen: ich liebe Fruehstueck, zweites Fruestueck, Kaffeepause, Mittagessen, VierUhrTee, Abendessen, TVSnack, Mitternachtshaeppchen undundund ... Auch mag ich jeden einzelnen Gang dieser Mahlzeiten: von Vor- und Hauptspeise bis hin zum Nachtisch. Wie koennte ich demnach als Kuenstler von nur einer einzigen Ausdrucksform oder gar einem Splitterteilchen moeglicher Ausdrucksweisen angezogen sein? Was mich interessiert sind der Inhalt eines gewaehlten Themas und die visuelle Qualitaet, in der dies in ein Kunstwerk umgewandelt worden ist. Eines der Elemente, das hoffentlich in jeder meiner "besseren" Arbeiten vorzufinden ist, ist eine gewisse persoenliche kuenstlerische Feinfuehligkeit.

Folglich ist meine Arbeit sehr vielfaeltig und weder thematisch noch in der zeitlichen Abfolge linear.

Wie langweilig auch dies: seit ueber 80 Jahren soll nur das wahre "Kunst" sein, was noch nie dagewesen ist? Jedes Kunstwerk eine Erfindung. Erinnert ein bisschen an "Des Kaisers neue Kleider". Wieviele Vokabulare sollen noch erfunden werden in Sprachen, die keiner spricht, niemand versteht und auch kaum jemand erlernen will? Wie waer's mit: sich ausdruecken in einer Sprache, die allgemein verstanden wird und dazu noch eine Aussage machen, die Sinn macht?

Ist Kunst nicht eine Universalsprache? Seit wann ist sie zu einem Geheimcode fuer ein obskures Elitegrueppchen geworden? Und warum?

Etwas Neues zu erfinden ist an sich noch keine Garantie fuer Qualitaet. Nur wenn aus der Suche nach einer passenden Umsetzung eines genau definierten, konkreten Inhalts eine neue Form entsteht, halte ich etwas Noch-nie-Dagewesenes fuer sinnvoll.

Cutting Edge "moderner" Kunst. Wohl eher am Rande des Abgrunds als an vorderster Front ... Dieses Beduerfnis, dass auch noch der gedankliche Inhalt der schon in moeglichst unverstaendlicher Form gemachten Aussage von geringem bis keinem generellen Interesse ist, ist ein aeusserst merkwuerdiges Phaenomen: wie viele Varianten von Quadraten, Rechtecken & Viereckchen noch? Und wieviele  Videoinstallationen mit endlosrepetitiven, unscharf eingestellten Bildsequenzen von haarigen Achselhoehlen? Wieviele ungeordnet angeornete Kieselsteinhauffen und ranzige Margarinehaeuffchen auf einem rostigen Stueck Metall in einer Zimmerecke? Wie oft wird die "weisse Leinwand" nochmals neu erfunden (Kasimir Malewitsch's "Weisses Quadrat auf weissem Grund" von 1918)? Wie oft noch sollen wir uns ueber pseudopornografische Buergerschreckbildchen aufregen? Lustige Strichmaennchen mit ratternden Uzis und bluttriefenden abgeschnittenen Koerperteilen begleitet von MangaTittenWeibchen in Bluemchenpyjamas? Gaehn! Pinkeln auf das Abbild eines Staatspraesidenten? Ha-ha-ha.

Das Schaffen von hochspannungsgeladenem Wohlklang, Ausgewogenheit und Schoenheit sind die Essenz des Schoepferischen fuer mich, nicht Gewalt oder/und Zerstoerung. Was nicht zu verwechseln ist mit dem Abbild von Gewalt oder/und Zerstoerung. Aber auch hier: Goyas greuliche Kriegsbilder sind nicht kuenstlerisch hochrangig, weil sie was besonders aussergewoehnlich Grausliges darstellen, sondern weil sie formaler Weltklassespitzensport sind.

Vereinfachung
ein eindeutiges Klarmachen ist ein wichtiges Element in jeder kuenstlerischen Umsetzung. Die Ueberfuelle an optischen Informationen soll gesiebt und zu erkennbaren Zeichen verarbeitet werden. Die Schwierigkeit dabei ist, nicht in der Aussage abzuflachen oder ganz einfach banal zu werden. Und dann wird ein moeglichst breitgefaecherter Reichtum in der Ausdrucksvielfalt innerhalb der selbst gesteckten Grenzen angestrebt.

Mein Werk ist ein Nachhall des Alltaeglichen, Gewoehnlichen & Normalen. Aber eben: ein Spiegel meines eigenen Mittelmasses, nicht der Realitaet einer anderen Person an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit.