Tante Mika aus Paris mit ihren ruckartigen Bewegungen und dem selbstgeschnittenen schneeweissen Haar, Tanta Walja aus Bamberg, die die perfektesten Pilmeni herstellen konnte, Fleischtaschen aus hauchduennstem Teig (frech "russische Ravioli" genannt, mit zerlassener Butter & Essig gegessen oder mit Sauerrahm & Pfeffer), die hoechstintelligente und aetherische Enkelin Alexandra aus Bogota, die dort mit Luis, einem waffenwuetigen MegaMachoGrossGrundBesitzer, verheiratet war ... dann war da noch die Haushalthilfe Friedel, schizophren und gewalttaetig, aber wie ein Haustier der Herrin bedingungs- & gnadenlos ergeben ...
Mit einem Mal wurde es mir zuviel und ich fuehlte mich in dieser katastrophendurchwachsenen LebensSpirale gefangen. Um mir einen Freiraum auf neuer Ebene zu schaffen entschloss ich mich, die Lebensgeschichte von Katia aufzuschreiben, so wie ich sie kannte. Ich schrieb mich mit einem (unveroeffentlichten) 800seitigen Roman, "Lydia Bucher", von ihr los. Eine Psychoanalyse waere teurer gewesen und bestimmt nicht wirkungsvoller.
Hier auf diesem Bild ist Katia scheinbar schlafend dargestellt auf dem falschen Barocksofa, mit den (urspruenglich) tief dunkelgruenen Charles Jourdan Schuhen hochgezogen. Als melancholische Nachnote sei erwaehnt, dass sie – die notorische Kettenraucherin & gierige Zeitungsleserin – vor nicht allzulanger Zeit mit 102 Jahren genug von allem hatte und eingeschlafen ist.
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